Rendezvous – 6 Typen und der Freiraum

Eine Frage als Schlupfloch aus der Sackgasse des „Städtebaus der Baumassen“: Wie komme ich nach Hause? Ob mit dem Auto, dem Fahrrad, oder zu Fuß: das „nach-Hause-kommen“ wird zur essenzielles Erzählung des Entwurfs.


Vom Städtebau als Massenmodell zum kontextuellen Gefüge

Einmal mehr stellt uns dieser Wettbewerb vor eine paradoxe, aber zwingende Herausforderung: Wie kann der Wohnungsbau selbst zum Instrument der Stadtentwicklung werden? Wie kann eine machbare Balance zwischen attraktivem Wohnmilieu und „Urbanität“ im Sinne einer Adressbildung für die Umgebung organisiert werden? Mit der Adressbildung gilt es gleichzeitig den Erinnerungsraum für ein Gebiet ohne etablierte bzw. explizite Erinnerung zu fassen. Rendezvous schlägt dafür zwei Werkzeuge vor: die „typologische Versammlung“ und die „topografische Setzung“.


Die typologische Versammlung

Unterschiedliche, ansonsten parzellenweise verstreute Wohntypen spannen ein Feld verdichteten Wohnens auf. Die spezifische Konfiguration der Typen bildet den Rahmen für eine reiche Abfolge unterschiedlicher Freiräume. Der Freiraum selbst wird zum „bildfüllenden“ Bestandteil des Projekts: anstatt eines Städtebaus der Baumassen inszeniert sich ein emanzipatorischer Dialog zwischen Wohn- und Freiraum.

Die topografische Setzung

Der Dialog zwischen Wohn- und Freiraum setzt sich in der topografischen Setzung fort: angeregt durch die pragmatischen Niveausprünge der aufgelassenen Laderampen charakterisiert eine Topografie der kleinen Sprünge den Freiraum und organisiert die Grenzen bzw. Abstufungen des privaten und siedlungsöffentlichen Lebens. Barrierefreiheit wird zum räumlichen Gewinn: zwischen den sanften Niveausprüngen reichern Rampen die Topografie des Freiraums an. Das Wettbewerbsgebiet steht beispielhaft für weitere zu erwartende Konversionen entlang der Waagner-Biro-Straße. Wesentlich für künftiges Erscheinungsbild, Adressbildung und Erreichbarkeit ist eine parzellenübergreifende Behandlung der Waagner-Biro-Straße, die über die Komplettierung der bestehenden Alleefragmente hinausgeht. Über zwei Ost-West-Spangen am nördlichen bzw. südlichen Rand erfolgt die Quererschließung des Grundstücks. Dabei steht dem landschaftlich geprägten, südlichen Streifen (Rad- und Fußdurchwegung) der Shared Space im Norden gegenüber. Die landschaftliche Raumakzentuierung forciert nicht nur sanfte Mobilität, sondern greift auch das Thema der Mehrfachnutzung von Verkehrsflächen auf. Die Versammlung von sechs unterschiedlichen, üblicher Weise in der Peripherie zerstreuten Haustypen schafft ein vielfältiges Freiraummosaik, das von den beiden landschaftlich ausgestalteten Spangen im Norden und Süden gefasst wird. Innerhalb dieses offenen Binnenraums stellt die unterschiedliche Höhe, Organisationsform, Struktur und Porosität der einzelnen Typen eine strukturelle Vielfalt sicher, um die hier unabdingbare soziale Durchmischung zu fördern. Die Höhendifferenzierung der Gebäude spannt gemeinsam mit dem maßstabsgebenden, raumakzentuierenden Gehölzmuster Räume unterschiedlicher Dimension und Atmosphäre auf: unter dem Hain, im Hof, im Baumkronenmeer, am Stadthorizont über den Baumkronen.

Jahr 2010
Adresse Waagner-Biro-Straße, 8020 Graz
Gutachterverfahren Waagner-Biro-Straße
In Kooperation mitBernd Vlay, STUDIOVLAY
Typ Architektur, Urbanismus
MVD Christine Schmauszer, Irina Koerdt, Michael Rieper