Ob Experimente im Bereich des Wohnbaus wirklich zum Erfolg führen, entscheidet der Alltag, der dann beginnt, wenn die ersten Bewohnerinnen und Bewohner eingezogen sind. Der Innovationsgeist der Architektinnen und Architekten, und an diesem Punkt setzt die Fragestellung der Ausstellung Wohnmodelle an, kann nicht allein für die Gesamtqualität ausschlaggebend sein. Deshalb musste jeder der 11 ausgewählten internationalen Wohnbauten mindestens zwei Jahre bewohnt worden sein, um Spuren des Benutzens und der Aneignung erkennen zu können. Wir haben die Bewohnerinnen und Bewohner um eine Zwischenbilanz ihres Lebens im gebauten Experiment ersucht: Die Bilder für die Diaprojektionen wurden von ihnen selbst aufgenommen und erläuternde Statements entstanden aus Gesprächen, die mit Ihnen geführt wurden.
Die Auswahl von Projekten aus verschiedenen Kontinenten ermöglicht einen Einblick in spezifische kulturelle und soziale Bedingungen für Experimente im Wohnbau. Sie reicht von einer chilenischen Siedlung in einem Armenviertel in Iquique über ein niederländisches Low-cost Reihenhaus in Roosendaal bis zu einem japanischen Wohnprojekt in Tokio, bei dem die Bewohnerinnen und Bewohner sich freiwillig entschieden haben, in weißen Stahlwürfeln zu wohnen, die sie zu verlassen gezwungen sind, wenn sie zur Toilette gehen möchten? Die speziell für die Ausstellung von Studierenden der TU Wien und der Akademie der Bildenden Künste gefertigten Modelle aus Karton stellen die divergierenden Raumprogramme zur Schau.
So sind elf Prüfstände entstanden, an denen die Wohnarchitektur einem Alltagscheck unterzogen wird. Das architektonische Experiment trifft auf den gelebten Alltag.